Wie bereits angedroht, kommt hier mein kurzes Fazit zu „Risen“. (Für eine ausführliche Analyse mit vielen bunten Pro- und Contra-Kreuzchen ist dann wieder Shard of Truth zuständig.

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„Risen“ hat mir – der keinen „Gothic“-Teil je gespielt hat – gefallen. Es ist kein Überflieger und spielt nicht in derselben Liga wie die Schwergewichte aus dem Hause Bioware, aber es ist liebevoll gemacht und weiß in vielen Teilbereichen zu überzeugen.
Das gilt vor allem für die wunderschöne Landschaft der Vulkaninsel, die mit stimmungsvollen Tag- und Nachtwechseln und einer üppigen Vegetation zu langem Verweilen und ausgedehnten Erkundungsgängen einlädt.
In den Dungeons fällt die Grafik ein wenig ab, da sich die einzelnen Gewölbe doch sehr ähnlich sehen – was aber erzählerisch ausreichend durch denselben baulichen Ursprung begründet wird.
Völlig veraltet präsentieren sich die wenigen Charaktermodelle. Animation und Detailgrad lassen mehr als zu wünschen übrig, außerdem verfügt jede durchschnittliche Kinderzimmergarnitur von LEGO- oder Playmobil-Männchen über mehr Gesichter-Vielfalt als die Figurenriege in „Risen“.
Die musikalische Untermalung ist überwiegend gelungen, lässt aber den einen oder anderen leitmotivischen Ohrwurm vermissen. Gleiches gilt für die Synchronisation: Durchweg professionelle Sprecher, aber wenig einprägsame Stimmen und auffallend häufige Mehrfachbesetzungen ergeben ein durchwachsenes Gesamtbild. Unbestrittener Höhepunkt der Vertonung ist natürlich Thomas Fritsch als Inquisitor Mendoza – der Mann ist in seinem Job einfach gnadenlos gut.
Völlig vergeigt wurde leider die Inszenierung der Handlung und der Quests. Ist die Grundidee noch halbwegs überzeugend, verkümmert der hoffnungsvolle Handlungsspross leider mangels inszenatorischer Pflege zu einem dürren Sträuchlein, dem auch die fast immer aufgesetzt wirkenden und selten in die Story integrierten Nebenaufgaben keinen neuen Impuls geben können. Dazu kommt die immer stärker werdende Linearität im Spielaufbau: Hat man in den ersten beiden Kapiteln noch eine wunderbar offene, aber trotzdem immer überschaubare Welt mit vielen verschiedenen Möglichkeiten, geht es in Kapitel Drei und Vier nur noch darum, möglichst alle auftauchenden Feinde zu eliminieren, den jeweils gesuchten wichtigen Gegenstand von der letzten Leiche zu fleddern und diesen gegen Erfahrungspunkte beim Auftraggeber abzuliefern. Ab diesem Zeitpunkt erscheint „Risen“ mehr wie ein ARPG.
Unter dem Strich bleibt für mich ein solides, schönes Rollenspiel, das ich sicher bei Gelegenheit noch einmal als Angehöriger einer anderen Fraktion durchspielen werde (drei stehen insgesamt zur Auswahl), das Zeug zum Klassiker hat es meines Erachtens eher nicht.