Uncoolman hat geschrieben: ↑29.06.2025, 17:41
Bei einer USA-Doku, die Ingo Zamparoni gemacht hat (ich hoffe, der war es - jedenfalls der Moderator, dessen Eltern in den USA leben), bei der ersten Trump-Wahl, war ersichtlich, dass die meisten nur Trump gewählt haben, um NICHT die Demokraten zu wählen. Durch dieses irre 2-Parteien-Wahlsystem in Amerika kommen solche Politiker erst nach oben. Bei uns tritt eher das Gegenteil ein: am Ende quälen wir uns damit rum, überhaupt eine Regierung zusammenzubringen. Gut, wir haben das ab und zu auch, wenn es um Personenkult geht (der eine Kandidat ist uns lieber als der andere), aber immerhin haben wir keine Wahlmänner und freie Wahlbezirksgrenzen und "Schwing"-Staaten, was das perfideste überhaupt ist.
Uncoolman hat geschrieben: ↑29.06.2025, 19:07
Ich wollte es so ausdrücken: bei uns fielen die Bastionen „Abtreibungsverbot“, „Anerkennung von Schwulen(ehen)“, „Selbstbestimmung der Frau“ relativ spät. Aber da war der Trend zu mehr Freiheit und Gerechtigkeit bereits im Fluss, beginnend bei den 1960ern und den Ökobewegungen der 1980er (Waldsterben, Atomkraft, Greenpeace usw.). Das anzustrebende Ziel war die egalisierte, freiheitliche Staatsform, es sollte „immer besser werden“, auch finanziell. Dummerweise ist diese Bewegungsrichtung ins Stocken geraten (Greta Thunberg ließ nochmal Hoffnung auf bessere Zeiten aufkommen, aber dann kam Corona...) und nun geht es eher wieder zurück (darf man bei Merz vermuten...).
Bei Trump sieht man nun die gegenteilige Richtung in Reinform: Zuerst kommen Abtreibungsverbot, Aberkennung von Diversität und Lehrfreiheit und Zunahme des Patriarchats (zusammen mit moralsaurem Kreativismus), also alle Grenzen, die in der BRD zuletzt fielen, werden nun in den USA neu errichtet. Wenn man nun den Werdegang zurückverfolgt (also, was war denn genau vor 1960, vor 1950..?), dann ist die US-Diktatur nicht mehr weit davon entfernt, wie wir sie vor 1940 erschufen...
Und das ist nach meiner Meinung schon ein Denkfehler: Die Bewertung nach europäischen Kriterien und nach europäischen Medien.
Machen wir uns nichts vor: Für die deutschen Medien gibt es nur die Guten (Die Grünen, Biden, Harris) und die Bösen (AfD, Trump, Meloni, LePen) und entsprechend wird berichtet und die Meinung manipuliert. Für das Ausland ist das doppelt gefährlich, weil du keine Innenansicht hast. Man muss aber nun mal die Gründe wirklich kennen, warum die Bürger so wählen, wie sie wählen.
In einem Leserbrief (Also keine gute Quelle) stand einmal, dass Trump in jedem Wahlkreis der USA mehr Stimmen bekam, als bei der vorletzten Wahl. Gesetzt der Fall, dass das stimmt: Das können nicht alles die Idioten sein, als welche sie in deutschen Reportagen hingestellt wurden.
Als ich mal im Sprachurlaub in Kalifornien lebten neben mir tiefgläubige Mormonen. Gute, aufrechte Menschen und sicherlich potentielle Trump-Wähler. Und die sind mit verschärften Abtreibungsregeln mehr als einverstanden.
Und was wissen wir hier in Deutschland denn davon, welche Probleme es in den USA mit ausländischen Drogengangs gibt? Die zu beseitigen war ja Trumps zentrales Wahlversprechen.
Ich halte es auch für falsch zu glauben, dass wir nicht genauso verblendet sind wie die im Bible Belt, auf welche wir runtersehen: Wir bekommen eingebläut, dass Umweltschutz sein muss, Klimaschutz sein muss (Auch wenn das oft sich widersprechene Ziele sind.), das Recht auf Abtreibung gut ist, dass jeder eine Krankenversicherung braucht und wir möglichst progessiv sein sollen. Und die Rednecks und Bewohner des Bible Belts sehen das gerade anders rum und die haben auch auf ihre Art recht.
Zum Schluss noch Zitate
„Wir leben in einer Konsensgesellschaft und wer da rausfällt, der kriegt böse was über die Mütze.“
Giovanni di Lorenzo
„In Deutschland gilt der, der auf den Dreck hinweist, gefährlicher als der, der den Dreck gemacht hat.“ Tucholsky
„Ich betrachte die große Masse meiner Landsleute wirklich mit tiefen Mitleid. Sie lesen Zeitungen und leben und sterben im Glauben, sie hätten von dem erfahren, was zu ihren Lebzeiten auf der Welt geschah.“
Thomas Jefferson
„Die Mehrheit der gewöhnlichen Bevölkerung versteht nicht was wirklich geschieht. Und sie versteht noch nicht einmal, daß sie es nicht versteht.“
Noam Chomsky
„If you don’t read the newspaper you’re uninformed. If you do read it, you’re misinformed.“ Denzel Washington
„Manche Leute glauben, sie wüßten, was in der Welt passiert, wenn sie die Zeitung lesen.
Dabei wissen sie nur, was in der Zeitung steht. „(Mark Twain)