


Anstatt das Messekonzept ernsthaft weiterzuentwickeln, scheint man aber nur ratlos mit den Armen zu zucken. Um den Besuchermassen Herr zu werden hat man zwar das Sicherheitspersonal aufgestockt, wer aber schon mal durch den Hauptgang von Halle zu Halle marschiert ist, der weiß, dass es nur einmal einer Massenpanik bedarf, um aus der gamescom ein ganz unangenehmes Ereignis zu machen. Eltern verlassen manchmal entsetzt das Gelände aus Angst um ihre Kinder. Häufig hört man das Argument, die Koelnmesse müsse doch nur mehr Hallen für die Veranstalter öffnen. Tatsächlich hat aber die Koelnmesse kaum Möglichkeiten, die Veranstaltung auszuweiten. Hallen 4 bis 10 sind bereits mit Publikums- und Businessbereich belegt. Halle 11 beherbergt die Entwicklerkonferenz GDC. Und die Hallen 1 bis 3 sind so flach und kapazitätsschwach, dass sie sich für Publikumspräsentationen nicht eignen und bestenfalls als Ausweitung des Businessbereichs in Frage kämen. So bleibt der Koelnmesse ein verfügbares Publikumsgelände von nicht mal 150.000 Quadratmetern Hallenfläche - eben genau das, welches bereits jetzt geöffnet ist.


Oder man denkt endlich über einen neuen Messeplatz und ein verändertes Messekonzept nach. Denn Deutschland hat bereits zwei der weltgrößten Messeplätze zu bieten: Frankfurt und Hannover.
Danach änderten sich die Zeiten. Die Besucherzahlen auf der CeBit sanken, die der Games Convention stiegen. Spiele wurden zum Publikumsmagneten der Unterhaltungselektronik. 2014 hatte man die CeBit als Publikumsmesse schließlich abgeschrieben und begrüßte "nur" noch 210.000 Fachbesucher. Seitdem führt die Agritechnica mit rund 450.000 Besuchern die Erfolgsliste der "Deutschen Messe" an. Ohne Zweifel würde man dort also eine erfolgreiche Technikmesse begrüßen. Laut Insiderinformationen hat man schon vor einiger Zeit gegenüber dem BIU Interesse bekundet, die gamescom zukünftig auszurichten. Vielleicht wäre eine Symbiose aus CeBit und Games-Messe sogar ein letzter Rettungsanker, um den Standort wieder zu alter Blüte zu führen, sozusagen eine Elektronikmesse für die ganze Familie und Fachbesucher aus der IT. Vor knapp 15 Jahren war die Deutsche Messe an einem ähnlichen Konzept namens "CeBit Home" gescheitert. Genug Hotelkapazitäten und ein internationaler Flughafen wären jedenfalls vorhanden.
Wo wir schon beim viel relevanterem Thema wären. Denn größere Messeflächen allein machen noch keine bessere Messe. Die Probleme der gamescom liegen tiefer. Wer schon einmal vier Stunden anstand, nur um in einem verdunkelten Zimmer einen einfachen Trailer eines USK18-Spiels zu Gesicht zu bekommen, weiß wovon die Rede ist. Die "gamescom" hat sich zu einem Games-Themenpark gewandelt, wo die Hauptattraktionen manchmal mehr Ausstellungsfläche mit Warteschlangen verbrauchen als mit Anspielstationen.
Und trotzdem lässt sich von Erlebnisparks noch so einiges lernen. Bereits seit Jahren bieten einige davon zum Beispiel die Möglichkeit an, bei der Warteschlange eine Einlasszeit zu ziehen - quasi die berühmte "Behörden-Wartenummer", mit dem Unterschied, dass dort einfach ein Termin abgedruckt ist. Schließlich sind Wartezeiten für alle Beteiligten sinnlos und dienen bestenfalls noch der PR. Der Einlass erfolgt dann auf dem aufgedruckten Termin zur gegebenen Uhrzeit. Sind alle Termine vergeben, ist die Spielstation für diesen Tag ausgebucht. "No-Shows" können bei Bedarf mit Durchgangsverkehr gefüllt werden, lange Warteschlangen werden nicht mehr angeboten. Nur ein denkbarer Ansatz von vielen.
"Freifläche": Die gamescom ist eine Sommermesse. In der Regel ist es warm und sonnig. Der größte Kritikpunkt der Kölner Messehallen ist ihre furchtbar hässliche Freifläche - im Prinzip nicht mehr als ein Teerareal zwischen riesigen Messehallen. Dabei hat es die Koelnmesse gerade mal geschafft, dort ein paar Essstände und Cosplay-Treffen zu organisieren. Der immer völlig überlaufene "Biergarten" besteht aus einem Parkdeck mit aufgeschüttetem Sandkasten und Sonnenstühlen. Der urbane "Look" lässt also wenig von einem Sommer-Festival erahnen. Und das von der gamescom selbst ausgerichtete Games-Festival nennt sich auf offizieller Seite nur noch "gamescom city festival" - was auch besser passt, denn mit einem richtigen Games-Event hat es genauso viel gemein wie ein Ego-Shooter mit Tetris. Zudem findet es eben in der Stadt und nicht auf dem Messegelände statt - weil eben einfach der Platz fehlt.
Und warum treten bei den Games-Festivals keine Game-Bands auf? Eine Stage im Messe-Freiareal würde jedenfalls zusätzlich dafür sorgen, dass der Fokus eben nicht nur auf dem lästigen Warten in den Hallen sondern auch auf dem Feiern im Freien liegt. Publisher könnten sich als Sponsoren von Bands erkenntlich zeigen und damit ihre Marken und Titel viel mehr Spielern näher bringen als eine Anspielstation für ein paar wenige Auserwählte. Von gängigen Events wie Cosplays, eSports oder das lange vermisste Klassik-Spiele-Konzert mal ganz abgesehen. So oder so: Jeder weitere Messeplatz dürfte hübschere Freiflächen aufweisen als Köln - und dann müssen sie endlich auch genutzt werden.
"Convention": Der ursprüngliche Name der Leitmesse sollte das eigentliche Programm sein. Es ist eine Convention - eine Zusammenkunft von Spielern. Viele, die wieder und wieder zur "Games Convention" (oder "gamescom") zurückkehrten, taten es, weil es einfach der Umschlagplatz für alle Gamer, Entwickler und Publisher ist. Es ist der Platz, wo man Freunde trifft - manchmal zum ersten Mal, und dann jedes Jahr aufs Neue. Nicht die Spiele machen die Wiederholungstäter, sondern die Menschen, die man auf der Messe trifft. Man muss erkennen, dass sie eine Plattform für diese Leute sein muss, die sich "treffen" wollen. Die gamescom schafft das bei den Besuchermassen immer weniger. Wer schon mal versucht hat, spontan eine Person auf der Messe zu finden, weiß, wovon die Rede ist.
Als die Messe von Leipzig nach Köln ging, war von einer "Europäisierung der Messe" die Rede. Was jetzt passiert, ist aber das pure Gegenteil: Gäste aus Europa werden mit einem Konzept verprellt, das sich als buchstäbliche "Ausweglosigkeit" herausstellt. Immer häufiger liest man Kommentare von Besuchern, die Messe nicht mehr aufsuchen zu wollen. Zu voll, zu ungemütlich, zu lange Wartezeiten, zu teure Hotels, zu wenig Rahmenprogramm, zu schlecht zu erreichen, zu wenig Parkplätze, schlechte Straßen... Die Messe hat mit einem rasanten Besucherrekord nach dem anderen ihre ersten Schritte zur "Europäisierung" gemacht - jetzt steckt sie im standortpolitischen "Kölschwasser" fest. Gerüchten zufolge wehrt sich vor allen Dingen das BIU-Mitglied Electronic Arts gegen einen erneuten Umzug. Der Publisher sitzt fast direkt gegenüber am Rhein, sein Pressechef wird zum Verbleib der Messe in Köln mit den Worten zitiert: "Wir finden das sehr gut."![]()
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