Die Beobachtung ist möglicherweise sehr wesentlich. Man muss gar nicht bis nach Italien schauen, um sie bestätigt zu sehen. Ich versuche mal, das etwas zu entwickeln.Möwe hat geschrieben:Also bleibt es einem Politiker gar nichts übrig, als zum Selbstdarsteller zu werden, ständig eine gute Show zu bieten.
Alle Politiker sind heutzutage sehr gute Selbstdarsteller. Schau dich um, und du siehst, dass sie dem Publikum das geben, was es will. [...] Sie wirken, und die Leute scheinen danach zu schreien.
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Es besteht die Tendenz in der Gesellschaft, dass Schein immer wichtiger wird, Sein hingegen unwichtiger. Das macht sich beispielsweise popkulturell bemerkbar: Casting-Shows boomen, eine ganze Generation erkennt mittlerweile markantes Auftreten als primäre Qualifikation an, die im Leben Erfolg verspricht. Inhaltliche Kompetenz steht dabei hinten an.
Dasselbe macht sich aber auch in der Politik bemerkbar. Bei der Bewertung eines Politikers ist offenbar - das lässt sich im positiven an Guttenberg, im negativen an Westerwelle beobachten - dessen Inszenierung ausschlagend. Das Guttenberg in den Augen der Bevölkerung ein guter Verteidigungsminister ist, würde die Demoskopie jederzeit bestätigen. Tatsächlich bewerten die Bürger aber zu einem guten Teil dessen Qualitäten der Präsentation. Was, so könnte man fragen, hat er bislang erreicht? Und rechtfertigt dies allein den starken Rückhalt in der Bevölkerung? Auch beim großen Finale einer Casting-Show schickt man seine SMS für denjenigen ab, der sich als besonders mediagen erweist. Die Frage nach Qualifikation - kann er denn auch singen? - ist nicht unbedingt die erste, die sich stellt.
Eine ähnliche Strategie scheint auch Auch Angela Merkel zu fahren, und das nicht so schlecht. Während man frühere Kanzler auf eine Position festschreiben konnte - man erinnere sich an die die Ostpolitik unter Brandt, den Nato-Doppelbeschluss oder die Agenda 2010, so bleibt Merkel meist im Ungefähren, und verzichtet darauf, inhaltlich klar Stellung zu beziehen. Bemerkenswert ist dabei, dass es ihr nicht zu schaden scheint. Den Mangel an Inhalt kann sie mit ihrer Fähigkeit ausgleichen, einen souveränen Eindruck zu erwecken. Der Schein macht sie stark, das Sein ist irrelevant.
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