Was darüber hinaus die Idee angeht, die Episode sei gekürzt worden, da muss man vielleicht differenzieren. Wahrscheinlich ist jede Episode der letzten sechs Jahre von Telltale gegenüber den Entwürfen "gekürzt worden". Auch in den Sam&Max-Episoden finden sich offenkundig baumelnde, nicht wieder aufgenommene Rätsel- und Storyenden - von dem Monkey-Island-Ende mal ganz abgesehen... im Gegensatz zu TWD's neuer Auftaktepisode wirkte "Smoke and Mirrors" auf mich wesentlich weniger leer und lückenhaft.
"Reichen" jetzt 90 bis 120 Minuten für eine Telltale-Episode? Äh, ja, ich denke schon. Telltales Spiele sind fast nur noch Story, da können sie sich ja nun auch locker an der Spielfilmlänge orientieren. Wer nach einem längeren Spiel ruft, möchte wahrscheinlich auch mehr zu tun in dem Spiel. Und beim 'tun', hmpf, da war die Episode ja nun in der Tat schwächlich aufgestellt. Hat jemand überhaupt eine 'große Entscheidung' in dem Ding bemerkt? Ich nicht. Konsequenzen aus Episode 1 habe ich wohl gesehen, aber kaum neue relevante Entscheidungen. Überhaupt ist die Interaktivität bei Bigbys zweitem Ausflug recht reduziert auf das beherrscht/brutal-Paradigma. Besonders wenn man versucht, sich etwas zusammenzureißen, wird's ein bisschen langweilig.
Anständig rumfoltern, rumpöbeln und alles kaputtschlagen ist doch irgendwo lustiger.

Mit der Episodenlänge und den langen Wartezeiten setzt die Kritik an "Neo-Telltale" für mich derzeit natürlich ein bisschen an der falschen Stelle an. Dass sie mit der Geschichte-pur-Philosophie nicht auch noch in die Peter-Jackson-Megalomanie gleiten, das ist eine gute Sache. Die Frage "was kann ich denn hier überhaupt machen", das ist die Frage, die ich mir immer und immer wieder stelle.
Zumindest hat Telltale die Fables-Fans mit der Story schön getrollt, die Comic-Kenntnis hat eine Story-Entwicklung hübscherweise falsch vorhergesagt, und trotzdem wurde der Cliffhanger aus Episode 1 zufriedenstellend aufgelöst.
QTEs sind wie bei TWD Season 1 pünktlich zu Episode 2 stark heruntergefahren worden. Ich find's großartig, aber über meinen Spaß an den Dingern sagt das natürlich einiges aus, wenn ich das möglichst umfassende Verschwinden zentraler Spielelemente für gut erachte...
Die Kulissen sind für mich noch deutlich unmotivierter ausgefallen als beim letzten Mal. Da gibt's ja wirklich nur noch 08/15-Backsteinhaus vor Backsteinhaus, die Kneipe ist recycled und die gelegentliche Neon-Reklame muss als grafisches i-Tüpfelchen herhalten. Mit ein paar unplastischen Säulen hier und da möchte Telltale einen riesigen Keller darstellen. Für mich ist Telltales Zeitnot hier erheblich deutlicher sichtbar als bei der Länge der Episode. Das wirkt alles auf die Schnelle improvisiert, wie eine eilig mit ein paar Requisiten dekorierte Theaterbühne, die ja auch nur aus einer einzigen Perspektive Glaubwürdigkeit besitzt.
Wenigstens den Nippeln hätten sie etwas Plastizität verleihen können... aaaaaber nein.
