Alpen-Jäger des Orient-Tempels: Mit dem Märchenkönig in nassen Stollen und auf saftigen Blumenwiesen
Wer meint, Schloß Neuschwanstein sei König Ludwigs wahnwitzigste Idee gewesen, der kennt vermutlich sein Schloß auf dem Schachen noch nicht.
Und das ist auch gut so, denn wo Busse ganze Touristenströme auf das ohne Zweifel erhabene Prunkschloß hiefen, gelangt man zum Schachenschloß nur zu Fuß. Dabei ist es sogar so abgelegen, dass wir es über den schönsten Weg über Klamm und Kälbersteig eigentlich nicht an einem einzigen Tag machen können. Doch das ist gar kein so großes Problem: Wo man in Neuschwanstein gerade mal 30 Minuten bei einer Führung im Schloß verweilen darf, können wir in der angeschlossenen Berghütte des Schlosses auf Wunsch sogar übernachten! Schlafen im Geiste König Ludwigs? Wo gibt’s denn sowas?
Auf dem Schachen! Aber da gibt’s noch viel mehr: König Ludwig war begeistert von dem Orient. Geschichten aus 1000 und einer Nacht faszinierten ihn. Immer wollte er einen orientalischen Tempel sein eigenen Nennen. Aber König Ludwig war auch begeistert von dem Baustil der Schweizerhäuser, die Villenstil mit Holzbauten kombinierten. Das Ergebnis könnte surrealer nicht sein: Das Schloß, aus Holz erbaut und innen dann plötzlich eine Nachbildung des Palastes von Eyüb! “Vergoldete, reich ornamentierte Wände, ein zentraler Springbrunnen, aufwendig bestickte Hocker und Divane, ein kostbarer Teppich, üppig verzierte Accessoires wie Räucherpfannen und Kandelaber, durch große Glasfenster mit buntem Ornament beleuchtet, fügen sich zum perfekten Abbild eines orientalischen Prunksaals.” Ein Orient-Palast auf 1870 Meter Höhe mitten in dem schönsten Alpenpanorma Bayerns? Wo gibt’s denn sowas?
Auf dem Schachen! Aber da gibt’s noch viel mehr: Neben dem Schachenschloß wurde ein Alpinum angelegt. Was ein Alpinum ist? Man könnte es als botanischen Garten bezeichnen. Auf dem Berg. Und hab ich schon gesagt, dass wie dort auch einen Bergsee vorfinden können? Naja, versteht sich ja fast schon von selbst! Wie ein König können auch wir uns fühlen, wenn wir durch über 1000 Pflanzen- und Blumen aus alle Welt spazieren, die hier friedlich im Schatten des mächtig vor uns aufragenden Wettersteingebirges vor sich hingedeihen. Seltene Exemplare, die sonst nur auf dem Himalya zu finden sind, können hier bewundert werden! Himalya in Bayern und botanischer Garten auf über 1800 Metern Höhe mit Alpenpanorama? Wo gibt’s denn sowas?
Auf dem Schachen! Aber da gibt’s noch viel mehr: Zum Beispiel die Partnachklamm – das vermutlich bedeutendste Naturdenkmal in Bayern. Über 702 Meter lang und 80 Meter tief ist diese Schlucht, die es auf dem Weg zum Schachenschloß zu bezwingen gilt. Über enge Wege und finstere Stollen geht es diese Klamm entlang, die man nur als beeindruckend bezeichnen kann! Weiter geht es über unzählige Stufen des Kälbersteigs – kaum vorzustellen, dass hier früher wirklich Kühe die Berge hochgetrieben wurden!
Kurz – diese Tour bietet für jeden etwas: Schloßromantik, Orient, tiefe Schluchten, reißende Bäche, Blumenwiesen, unzählige Aussichtspunkte und ein unfassbares Alpenpanorama immer vor Augen.
Wir marschieren vom Skistadion in Garmisch-Partenkirchen durch die Partnachklamm über den Kälbersteig und das Schachentor zum Schachenhaus. Da die Tour doch recht lange ist, bietet sich eine Übernachtung an. Hier stellt sich nun die Frage: Übernachtung im Schachenhaus (15 Euro/Person) oder das volle Programm:
2 Kilometer starken Aufstiegs weiter beginnt das hochalpine Klima. Hier wartet 500 Höhenmeter weiter, auf über 2370 Metern, eine der schönsten Hochalp-Hütten – die Meilerhütte. Auch dort lässt es sich übernachten, wenn auch nicht ganz so bequem. Dafür wird man Sonnenauf- und -untergängen der Superlative belohnt. Nachteil: Die Strecke schlaucht und bis zum Schachenhaus ist es auch ein ganz schönes Stück. Es mag also weise überlegt sein, ob Bequemlichkeit, genug Zeit und Sicherheit oder das hochalpine Abenteuer siegt.
So oder so: Die Eindrücke dieser Tour werden auf Jahre jeden alpinen Fan begeistern, König-Ludwig-Fans sowieso.
Gipfel: Schachen, Wettersteinkamm
Besonderheiten: wundervolle Klamm, Bergsee, alpiner Blumengarten, Aussichts-Pavillon, König-Ludwig-Schloß, Orient-Tempel, monströser Treppensteig, Übernachtunsmöglichkeiten, Ausweitung auf Hochalpin-Erlebnis
Schwierigkeit: einfache (Schachen) bis anspruchsvolle (Meilerhütte) Bergtour
Wegzoll: Klammdurchquerung 3 €, Übernachtung beim König 10 bis 15 € (alternativ Meilerhütte: 14 bis 18 €), optional: Zeitsprung in den Orient 4,50 €, Eintritt ins Reich der Blumen: 2 €
Länge (einfach): 10km (Schachen), 12km (Meilerhütte)
Höhenmeter: 1200m (Schachen), 1800m (Meilerhütte)