Shard of Truth hat geschrieben:allerdings kam das angeblich aufgrund einer Aussage der örtlichen Polizei zustande.
Hörensagen - natürlich. Problem ist natürlich, dass diese Verschwörungsidee auf Ewigkeit weiterlebt. Da kann Milo Yannopoulos persönlich twittern, dass Sarkeesian de facto das FBI eingeschaltet hat, die Legende von den erfundenen Drohungen lebt weiter (siehe oben).
Was sich in den nächsten Tagen wieder intensivieren dürfte.
Shard of Truth hat geschrieben:Auf der Gegenseite haben wir eine Unzahl an genauso gewaltbereiten und aktionsbereiten Menschen stehen, nicht zuletzt Zoe Quinn selbst.
Die Stimmung ist definitiv aufgeheizt, aber Quinn ist nicht "gewaltbereit". Was den Aktionismus angeht, ist dieser etwas schwierig auf einer "Gegenseite" unterzubringen. Welche Art Aktionismus soll das auch sein - abgesehen von Twitter-Kommentaren?
Shard of Truth hat geschrieben:Und dann gibt es natürlich noch die große Masse an augenscheinlich Zwölfjährigen, die überhaupt nicht wissen was Unterdrückung ist, Gewalt und Hass predigen, und meinen für alle Minderheiten sprechen zu können, der Hashtag "notyourshield" kam ja nicht von ungefähr.
Nein, der kam nicht von ungefähr. Was er bedeuten soll, ist allerdings nicht ganz ohne. Er soll bedeuten, dass Minderheiten dezidiert den status quo in Spielen unangetastet lassen wollen (was u.A. die Präsupposition beinhaltet, dass dieser status quo an sich Mehrheiten nicht stören dürfe), und er soll bedeuten, dass eine Fürsprache von Mehrheiten nicht gewünscht ist. Zu diesem doch etwas überzogenen Ideenkonglomerat höre ich auf der diversifizierten anderen Seite z.B. Emma Watson. Wir brauchen in die Geschichte nicht lange zu blicken, um herauszufinden, was sich ändert, wenn nur die Minderheiten für sich sprechen. Nicht viel.
Shard of Truth hat geschrieben:Die Reaktionen auf Christina Hoff Sommers' Video haben doch gezeigt, dass die Anti-GG-Leute nicht selten an Projektion leiden.
Wie sich an den 'likes' des Videos ablesen lässt, hat die youtube-Community dieses Pamphlet offenbar sehr positiv interpretiert. Es ist jedoch wenig mehr als der unverhohlene Versuch, die Diskussion eskalieren zu lassen, mit exakt denselben abenteuerlichen Verschwörungstheorien, welche extremistische Handlungen kultivieren (wörtlich "
feminist police", "
they want the male dominated video game culture to die"). Zumal das Video überhaupt keine Argumente zum Thema enthält – und zwei fundamental unterschiedliche Dinge einfach gleichsetzt, nämlich Gewaltbereitschaft (Aktionismus) und Misogynie (Ideologie).
Shard of Truth hat geschrieben:Die Absprachen werden doch nicht mal geleugnet, was soll daran Verschwörung sein?
Ich bin nicht sicher, was du mit "Absprachen" meinst - diese Mailing-Liste, auf der Journalisten dezidiert die Ethik ihrer Themenwahl diskutieren? (während Preisverleihungen, die keine Nutzer-Votings miteinbeziehen, grundsätzlich irgendwo "manipuliert" sind, siehe u.A. die deutschen Spielepreise...).
Shard of Truth hat geschrieben:Was willst du das sie tun? Den Mund halten, zugeben das Anita in allen Punkten recht hat und ihr eigenes Unvermögen einsehen?
Mal runterkommen. Mal einen Blick auf die Industrie werfen und den schädlichen Einfluss IHRER SELBST begreifen. Mal reflektieren, was sie tun. Endlich die Indies in Ruhe lassen. Die zentrale Prämisse der TvV-Videos als Fakt akzeptieren. Anita Sarkeesian als Person, als Teil der Geek-Kultur und ggf. sogar als Gamer begreifen (
hier nicht der einfachste, aber ein effektiver Weg). Die kümmerlichen 'Folgen' dieser Serie in der Industrie korrekt evaluieren ("juchhuh, Tørnquist und Schafer machen endlich nicht mehr so frauenfeindliches Zeug... ähhh... Moment mal."). Die persönlichen Angriffe und Diffamierungen auf Sarkeesian unterlassen und stattdessen die Inhalte der Videos diskutieren. Mehr nicht.
(Nachtrag 16.10.: Was wir stattdessen erleben, lässt sich vielleicht an dem GameStar-Artikel über den letzten angedrohten Amoklauf ablesen. Die Kommentare sind angeblich moderiert, und es handelt sich angeblich um eine gemäßigte Community. Dennoch sehen wir einen Kommentar nach dem anderen mit den Grundaussagen: "Ich unterstütze das nicht, aber sie hat es verdient", "Sie ist selbst schuld", "Sie lügt ja in ihren Videos", "Sie ist gierig", "Sie ist dumm", "Sie kriegt keinen richtigen Job", "Sie spielt gar nicht selber", "Sie hat bei youtubern geklaut", "Sie ist ein Berufsopfer", "sie bettelt um Aufmerksamkeit", "Wieso berichtet da jemand drüber", "Die Drohung sieht ja gar nicht glaubwürdig aus", "Das hat sie bestimmt alles selbst geschrieben", undsoweiter etc.; es scheint mir offenkundig, dass gamergate die sinnfreie unreflektierte Wut dieser Leute als Treibstoff nutzt.)
Shard of Truth hat geschrieben:Deiner Meinung nach haben als die Moderatoren im vorauseillenden Gehorsam gehandelt um Gamergate zu verhinden, da sich in den Foren ja starke Fürsprecher für die bis dato nicht nicht aufgekommende Debatte aufhielten oder habe ich das jetzt falsch verstanden?
"Gehorsam" wem gegenüber? "Jemand" mit der unheimlichen Macht, in den notorischsten Hetzmobcommunities, in denen kaum jemals zuvor Threads gelöscht wurden, in denen die Mods ggf. fleißig mitgehetzt haben, nach über einem Jahrzehnt endlich einzugreifen, weil's ihnen jetzt eben gerade so gepasst hat? Und warum zensiert dieselbe unheimliche Macht nicht sofort 8chan und Konsorten? Da ist ein ganz elementarer Verschwörungsglaube am Werk, der gruppenbildend wirken soll. Ich find's ziemlich peinlich.
Shard of Truth hat geschrieben:Über EA will ich lieber nicht weitersprechen, da bin ich einfach zu stark vorbelastet.
Nun wäre es beim Thema Ethik in der Videospielindustrie aber nun eben aber gerade mal notwendig, über Electronic Arts zu sprechen, oder?
Das von EA bei allen seinen extremen Abzockaktionen irgendwo mitgelieferte Argument ist ja nun mal: "solange die Kunden es mitmachen, kann es nicht unethisch sein". Diesen Gedankengang betrachten wir jetzt in anderen Bereichen, mit der Idee, dass das Produkt an sich nichts Unethisches an sich haben könne, wenn es doch der Zielgruppe perfekt angepasst sei.
Shard of Truth hat geschrieben:Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das Marketing den Leuten so weit in ihre Köpfe folgen kann, jedenfalls nicht, wenn es sich nicht um Apple handelt.
Ich sage es mal so: Marketing kann sich nicht einfach eine Zielgruppe backen. Aber es kann eine Zielgruppe vorrangig ansprechen. Wenn das 30 Jahre so geht, bilden sich Abhängigkeitsverhältnisse, Erwartungen und Ansprüche - und eine Fokussierung des Produkts, mithin eine Einschränkung der Varianz.
Shard of Truth hat geschrieben:Das ist auf jeden Fall ein Grund, warum ich fast keine Vollpreisspiele mehr Kaufe und Tests eigentlich nur noch begleitend lese. Was mich an der ganzen Sache so erschüttert hat, ist, dass die Indieszene da mittlerweile genauso mit dringhängt. Geht es dir da nicht so? Und dann kommen die angeblich integren Magazine und erzählen einem was davon, dass es mit dem Gamer nicht so weitergehen kann und man ja jetzt ein breiteres, erwachseneres und kulturell anspruchsvolleres Publikum hat. Das ist so verlogen, dass es brummt.
"Test" suggeriert eine objektive Evaluation eines Produkts. "Rezension" oder "Review" ist da präziser: Eine Meinung, die so klar subjektiv ist, dass sich der Leser ihr bereits anschließen oder nicht anschließen kann. Dass sich die Indies den etablierten Marktstrukturen anpassen, überrascht mich nicht. Ihr Überleben hängt davon ab. Strukturelle Änderungen der Industrie können nicht bei den Indies ansetzen, so kommt man nirgendwo hin. Natürlich kann man mit diesen Leuten direkt reden, dafür sind es ja Indies (wie sich z.B. Ragnar Tørnquist auch vielen Fragen gestellt hat, zu denen selbst größere Indies nie auch nur einen Furz als Antwort gelassen hätten). Aber sie attackieren und ihren kümmerlichen Umsatz bedrohen, weil ein-zwei Journalisten (hier: Adam Smith von RPS, ziemlich klar sogar) das entstehende Produkt etwas zu optimistisch beschreiben?
Shard of Truth hat geschrieben:Ich bin der Meinung, dass das endlose Wiederkäuen der sogenannten Schwächen der Frauen als Begründung ihres besonderen Schutzbedürfnisses auch gefährlich ist. Das macht Anita z.B. ständig so, dadurch wird kein Rollenbild (oder auch Tropus) entkräftet, sondern nur neue geschaffen.
Das wäre dezidiert kein feministischer Ansatz; und ich glaube auch nicht, dass Sarkeesian so einen Ansatz verfolgt. Es geht darum, die Opferrolle abzulehnen. Dass das nicht so einfach ist, wenn man mit Drohungen überhäuft wird, steht außer Zweifel.
Shard of Truth hat geschrieben:Klar verläuft das jetzt irgendwo im Sand, es findet ja kein richtiger Dialog statt.
Das wird sich auch nicht ändern. Weshalb ich diesen gamergate-Quatsch gerne vollkommen vom Tisch hätte. Wir können den feministischen Ansatz nicht isoliert betrachten, solange absolut alles über einen Kamm geschoren wird. Mit journalistischer Moral haben, Zitat realchris, "Gender-Studies" nichts zu tun, der Einfluss dieser "Gender-Studies" auf die Industrie dürfte sich irgendwo zwischen ganz übel lachhaft und infinitisemal bewegen. Der Änderung unserer Gesellschaft dagegen werden sich Videospiele zwangsweise und ganz ohne diesen Einfluss anpassen – nur hinken sie eben den anderen großen Erzählmedien darin, als Ganzes betrachtet, um Meilen hinterher.