Plädoyer für Linearität und Innovationsverweigerung
Verfasst: 05.05.2008, 21:39
Ich möchte hier mal auf etwas eingehen, was mich bei der Beurteilung von Spielen ziemlich stört.
Es geht darum, dass vor allem in Print-Medien es als negativ angesehen wird, wenn ein Spiel zu linear ist oder zu wenig Innovationen bietet.
Das heilige Kalb der Spielekultur scheint mir momentan die offene Spielewelt zu sein. Je offener, je doller. Wenn ein Spiel mit einer begehbaren Fläche von zig-Quadratkilometern aufwarten kann, ist ihm die hohe 80er-Wertung der Print-Medien fast schon gewiss. Hauptsache da stehen genug Orks zum vermöbeln in der Gegend rum. Oder auch genügend Leute, mit denen man sich zwar unterhalten kann, die aber kaum was zu sagen haben. Hauptsache man kann im Pressetext was von einer 'riesigen Spielewelt' schreiben.
Ich finde das generell nicht verkehrt, nur ist es mir schleierhaft, warum das grundsätzlich als positives Element gewertet wird. Man würde ja auch kein Adventure in den Himmel loben, nur weil es 3 Millionen Rätsel enthält - wenn diese Rätsel mies gestaltet sind.
Der Adventure-Freund wird wissen: Viele Rätsel bedeuten nicht unbedingt ein gutes Spiel. Analog dazu: großflächig begehbare, frei erkundbare Welten ebenso wenig.
Mir stehen jedesmal ein bisschen die Haare zu Berge, wenn ich den Test zu einem Spiel lese, welches dem Tester an sich gut gefallen hat, er aber unbedingt meint, als negativen Punkt anführen zu müssen, dass das Spiel zu linear ist.
Interessant ist hierbei, dass dieser Punkt zb bei Filmkritiken oder Romanen ganz anders gesehen wird. Also: Der Autor/Regisseur verliert sich in Nebenhandlungen und damit die Story aus dem Blickfeld
Also: Offene Spielwelten: Gerne! Wenn sie gut gemacht sind: Unbedingt positiv bewerten! Aber nicht automatisch positiv bewerten, nur weil sie offen sind. Eine riesige Spielewelt in einer öden Einöde mit öden Monstern und öden NPCs ist zwar riesig aber halt auch immer noch öde.
Und Linearität kann ein hervorragendes Stilmittel für ein Spiel sein (wie in den meisten Adventures) - oder auch im Meisterwerk der Linearität 'Shadow of the Colossus': Zum Koloss reiten - Koloss besiegen - zum nächsten Koloss reiten - Koloss besiegen - usw. Klingt vielleicht bisschen simpel - fasziniert aber trotzdem.
Linearität, oder das Gegenteil, ist nicht von Haus aus gut oder schlecht. Es kommt darauf an, was man damit anstellt.
Ähnliches gilt für den zweiten Punkt: Mangelnde Innovationen.
Ich beziehe mich hier auf die 'Resident Evil'- und die 'Silent Hill'-Reihe. Resident Evil 4 ist wohl eins der höchstgelobtesten Spiele überhaupt -vor allem, weil es das 'antiquierte' Resident-Evil-Gameplay revolutioniert hat. Und ich finde, die Lobeshymnen wurden zurecht gesungen! Absolut!
Im Gegensatz hierzu der neueste Silent-Hill-Teil namens Origins. Der jetzt auch für die PS2 erschienen ist bzw bei uns bald erscheint.
Ich habe das Spiel nicht gespielt, aber einige Kritiken gelesen. Und das Fazit der meisten war in etwa: Gutes Spiel, bietet aber kaum was neues. Deshalb: Nicht so gut.
Und hier frag ich mich: Warum muss es immer was neues sein? Es gab schon zu Silent Hill 2 Kritiken die bemängelten, dass es ja nur ein Aufguss des ersten Teils sei.
Es muss doch auch möglich sein dürfen, ein Spielprinzip beizubehalten, ohne dass man gleich von der Kritik als innovationsarmer Versager bezeichnet wird. Wichtig ist doch, dass ich als Spieler von der Geschichte fasziniert bin...und nicht, dass ich auf einmal mit einer Menge ultra-cooler-Cyber-Waffen um mich schießen kann...oder mir den Spielverlauf aus 20 verschiedenen Kamera-Perspektiven anschauen kann.
Und auch hier gilt: Innovationen können toll sein. Sie sind es aber nicht automatisch. Ich habe noch keinen getroffen, der die Steuerung von Dreamfall der von The Longest Journey vorgezogen hätte.
Abschließend: So ab und an drängt sich mir der Eindruck auf, dass sich hier eine unheilige Allianz zwischen Spiele-Entwicklern und Spiele-Kritikern auftut - oder: schon seit längerem aufgetan hat.
Spiele-Kritiker bewerten Spiele positiv, die mit einer riesigen Spielewelt und massig Innovationen gespickt sind. Spiele-Entwickler versuchen, genau das zu liefern.
Auf der Strecke bleiben dabei eventuell Spiele, die dem Spieler auch was zu sagen haben...Oder vielleicht besser: Es bleiben Spiele, in denen man das, was gesagt werden soll, erst aus Tonnen von Gameplay und Innovationen und unbegrenzter Spielewelt freiräumen muss.
Es geht darum, dass vor allem in Print-Medien es als negativ angesehen wird, wenn ein Spiel zu linear ist oder zu wenig Innovationen bietet.
Das heilige Kalb der Spielekultur scheint mir momentan die offene Spielewelt zu sein. Je offener, je doller. Wenn ein Spiel mit einer begehbaren Fläche von zig-Quadratkilometern aufwarten kann, ist ihm die hohe 80er-Wertung der Print-Medien fast schon gewiss. Hauptsache da stehen genug Orks zum vermöbeln in der Gegend rum. Oder auch genügend Leute, mit denen man sich zwar unterhalten kann, die aber kaum was zu sagen haben. Hauptsache man kann im Pressetext was von einer 'riesigen Spielewelt' schreiben.
Ich finde das generell nicht verkehrt, nur ist es mir schleierhaft, warum das grundsätzlich als positives Element gewertet wird. Man würde ja auch kein Adventure in den Himmel loben, nur weil es 3 Millionen Rätsel enthält - wenn diese Rätsel mies gestaltet sind.
Der Adventure-Freund wird wissen: Viele Rätsel bedeuten nicht unbedingt ein gutes Spiel. Analog dazu: großflächig begehbare, frei erkundbare Welten ebenso wenig.
Mir stehen jedesmal ein bisschen die Haare zu Berge, wenn ich den Test zu einem Spiel lese, welches dem Tester an sich gut gefallen hat, er aber unbedingt meint, als negativen Punkt anführen zu müssen, dass das Spiel zu linear ist.
Interessant ist hierbei, dass dieser Punkt zb bei Filmkritiken oder Romanen ganz anders gesehen wird. Also: Der Autor/Regisseur verliert sich in Nebenhandlungen und damit die Story aus dem Blickfeld
Also: Offene Spielwelten: Gerne! Wenn sie gut gemacht sind: Unbedingt positiv bewerten! Aber nicht automatisch positiv bewerten, nur weil sie offen sind. Eine riesige Spielewelt in einer öden Einöde mit öden Monstern und öden NPCs ist zwar riesig aber halt auch immer noch öde.
Und Linearität kann ein hervorragendes Stilmittel für ein Spiel sein (wie in den meisten Adventures) - oder auch im Meisterwerk der Linearität 'Shadow of the Colossus': Zum Koloss reiten - Koloss besiegen - zum nächsten Koloss reiten - Koloss besiegen - usw. Klingt vielleicht bisschen simpel - fasziniert aber trotzdem.
Linearität, oder das Gegenteil, ist nicht von Haus aus gut oder schlecht. Es kommt darauf an, was man damit anstellt.
Ähnliches gilt für den zweiten Punkt: Mangelnde Innovationen.
Ich beziehe mich hier auf die 'Resident Evil'- und die 'Silent Hill'-Reihe. Resident Evil 4 ist wohl eins der höchstgelobtesten Spiele überhaupt -vor allem, weil es das 'antiquierte' Resident-Evil-Gameplay revolutioniert hat. Und ich finde, die Lobeshymnen wurden zurecht gesungen! Absolut!
Im Gegensatz hierzu der neueste Silent-Hill-Teil namens Origins. Der jetzt auch für die PS2 erschienen ist bzw bei uns bald erscheint.
Ich habe das Spiel nicht gespielt, aber einige Kritiken gelesen. Und das Fazit der meisten war in etwa: Gutes Spiel, bietet aber kaum was neues. Deshalb: Nicht so gut.
Und hier frag ich mich: Warum muss es immer was neues sein? Es gab schon zu Silent Hill 2 Kritiken die bemängelten, dass es ja nur ein Aufguss des ersten Teils sei.
Es muss doch auch möglich sein dürfen, ein Spielprinzip beizubehalten, ohne dass man gleich von der Kritik als innovationsarmer Versager bezeichnet wird. Wichtig ist doch, dass ich als Spieler von der Geschichte fasziniert bin...und nicht, dass ich auf einmal mit einer Menge ultra-cooler-Cyber-Waffen um mich schießen kann...oder mir den Spielverlauf aus 20 verschiedenen Kamera-Perspektiven anschauen kann.
Und auch hier gilt: Innovationen können toll sein. Sie sind es aber nicht automatisch. Ich habe noch keinen getroffen, der die Steuerung von Dreamfall der von The Longest Journey vorgezogen hätte.
Abschließend: So ab und an drängt sich mir der Eindruck auf, dass sich hier eine unheilige Allianz zwischen Spiele-Entwicklern und Spiele-Kritikern auftut - oder: schon seit längerem aufgetan hat.
Spiele-Kritiker bewerten Spiele positiv, die mit einer riesigen Spielewelt und massig Innovationen gespickt sind. Spiele-Entwickler versuchen, genau das zu liefern.
Auf der Strecke bleiben dabei eventuell Spiele, die dem Spieler auch was zu sagen haben...Oder vielleicht besser: Es bleiben Spiele, in denen man das, was gesagt werden soll, erst aus Tonnen von Gameplay und Innovationen und unbegrenzter Spielewelt freiräumen muss.