Fahrenheit, der interaktive Film unter den Spielen. An dieser Stelle möchte ich den doch etwas umstrittenen Titel durchleuchten.
Blut strömt durch das Bad. Nur Blut, und die Leiche. Verdammt wieso halte ich das blutige Messer in meiner Hand. So könnten die Gedankengänge des Protagonisten Lucas sein, als er aus einer Art Trance aufwacht. Er ist es nicht gewesen, da ist er sich sicher, aber seine Hände haben dem Mord vollbracht. Ab hier muss der Spieler in die
Story eingreifen. Nach dem Mord versucht man erst einmal die Tat zu begreifen, sein Verhalten einzuordnen und verliert sich in Einbahnstrassen und Sackgassen ohne klaren Anhaltspunkt, dazu hat man die Polizei im Nacken. Tyler und Carla sind Lucas dicht auf der Spur.
Nun heißt es also Indizien zu sammeln, auf beiden Seiten.
Die
Grafik macht dabei nicht ganz so eine gute Figur, erfüllt aber ihren Zweck. Charaktere sind recht eckig, Texturen wirken blass. Dennoch schafft man es die Umgebung realistisch ab zu bilden.
Die
Soundkulisse kann dagegen aus dem vollen schöpfen. So ist der Großteil der Figuren im Spiel gut synchronisiert, lediglich die Effekte wirken etwas schwach auf der Brust. Dagegen ist die Musikuntermahlung ein Genuss für die Sinne. Je nach Lage, bekommt man spannende und dramatische Sequenzen zu hören, oder aber es dudelt eine chillige Musik, ganz nach
Starsky und Hutch durch die Boxen, dabei richtet sich der Stil nach Spannung und Charakter, so dass jeder Protagonist auch gleich eine eigene Klangfarbe bekommt. Weiterhin trellert überalle Musik aus dem Radio und begleitet so häufig eine der oft romantischen Szenen im Spiel.
Leider kann man die Story nicht ganz so genießen, wie man eigentlich wolle. Hieran ist das
Gameplay Schuld, welches sich zu oft auf das Nachäffen von Symbolen beschränkt. So muss leider viel zu oft in einer Schlüsselsequenz hektisch die Pfeiltasten, sowie der Numblock im richtigen Moment gedrückt werden, um die Protagonisten vor einem scheitern zu wahren. Diese reichen von einfach, bis schwer, sind aber niemals frustrierend. Ich kann jeden beruhigen, der jetzt an das
Können der Kollegen aus Fernost denkt. Ganz so schnelle Reflexe benötigen wir dann doch nicht und solange man nicht auf den höhsten Schwierigkeitsgrad beharrt, darf man sich auch mal den ein, oder anderen Patzer erlauben. Mit unter wechselt die Arcadeklopperei auch einmal in ein rythmisches Hämmern der linken und rechten Pfeiltasten. Ein purer Stresstest für Spieler und Tastatur. Eine wirklich interessante Innovation ist das Interagieren durch Mausbewegungen. Anstatt simplen Klicks, müssen Bewegungen mit der Maus ausgeführt werden. So darf man für das Klettern über einen Zaun die Maus nach rechts und dann in einem halbkreis nach oben ziehen, so werden selbst einfache Aufgaben interessant. Eine weiterer Aspekt ist der Gemütszustand, der je nach Aktion und Umfeld sich verbessert oder verschlechtert. Gelingt Lucas eine Aktion nicht, so wird er depressiv, während ihn nach einem hektischen Tag auf der Flucht mit zig unbeantwortete Fragen, ein Glas Milch, ein wenig Musik, oder die (Ex)-Freundin wieder auf die Sprünge helfen. Ist er Charakter stark depressiv, so wird er wahnsinnig..Game over. Hin und wieder müssen auch andere kleine und Arcadeaufgaben gemeistert werden.
Ist gerade keine der Actionszenen aktiv, so wechelt die Steuerung in die Gewohnte, aus anderen Abenteueerspielen oder Rollenspielen, wie Tomb Raider und Co. Dabei beschränkt sich die Bewegungsfreiheit aber lediglich auf das Laufen, ein Springen oder Kauern ist nicht drin. Zudem gibt es viele unschöne unsichtbare Wände, die zwar nicht wirklich stören, welche anders hätten gelöst werden müssen.
Der
Atmosphäre gibt das aber keinen Abbruch. Die ist seit der ersten Sekunde auf vollen Touren. Ob es nur das Aufsammeln von Indizien durch Carla ist und man so mit fiebert, wer gerade näheram Ziel ist, oder aber das Meistern der vielen Actionsequenzen, langweilig wird es nie. Gerade aber die Schnitte, wie sie aus Filmen bekannt sind, unterhalten. So muss Lucas unter Zeitdruck Beweise finden, die seine Tat erklären und ihn somit entlasten, während in einem zweiten Bildausschnitt die gleiche Scene aus einer anderen Perspektive dargestellt wird. So wird man nahezu panisch, weil man den benötigten Hinweis noch nicht gefunden hat, während man gleichzeitig beoabachtet wie sich die Polizei langam immer näher der Wohnung nähert, in welcher man sein Unwesen treibt. Solche Szenen kommen oft vor und untermalen die Atmosphäre. Weiterhin gibt es viele Rückblicke und Visionen, die stimmungsvoll die Geschichte weiters spinnen. Die Glaubwürdigkeit der dargestellten Welt, Handlung und Charaktere, wird vor allem durch die Einblicke in das private Leben derer gewonnen. So spielt Tyler eine Runde Basketball, um seine Schulden zu begleichen, während sich Carla die Karten von ihrem schwulen Nachbarn vorlesen lässt. Lucas versucht seinen Arbeitsalltag weiter zu führen und die Trennung von seiner Freundin zu verkraften. All dies führt die Protagonisten näher an den Spieler. Das schöne ist auch, das Gefühl mitten drin und nicht nur dabei zu sein. So suggeriert einem das Spiel mit jedem seiner Entscheidungen den Verlauf zu verändern. Gerade da, durch den oftmaligen Zeitdruck nicht alle Aktionen genutzt werden können, sowie viele Alternativen offen stehen, lenkt man anscheinend die Geschichte selber. Dass dabei in Wirklichkeit nur die Szene sebst verändert wird und die Geschichte im Nachhinein mehr oder weniger zusammenläuft fällt dem Spieler nicht auf. Hier zeigen die Entwickler, wie man ein interaktiven Film gestalten kann.
Man erkennt also, dass das Rätseldesign nicht die Stärke des Spiels ist, zu oft wird das Gameplay auf "Drücken nach Anweisung" reduziert, daher werden Rätselliebhaber keinen Spaß mit dem Spiel haben. Viel mehr entsteht hier die Illusion, die Handlung selbst im gewissen Rahmen bestimmen zu können, da viele Wahlmöglichkeiten vorhanden sind. Gerade aber durch die Kurzweile und das "Nichtvorhanden sein" von Rätseln wird der Spielspaß auf die Glaubwürdigkeit der Story und des Umfeldes reduziert, was eigentlich kein Makel sein muss. Leider macht man ab dem letzten Viertel alles zu nichte, was man sich zuvor mühevoll aufgebaut hat. Die Glaubwürdigkeit der Geschichte , sie wird einfach so über Bord geworfen,
Spoiler als man die ganzen unbeantworteten Fragen mit Prophezeiungen, übernatürlichen Mächten abserviert. Das wäre vielleicht noch ertragbar, wenn die ganze Geschichte darauf ausgelegt werden würde, aber es gibt lange keine Anzeichen, um im Nachhinein mit weit hergeholten Versuchen die Geschehnisse zu beantworten. So werden neue Kräfte, Mächte, gegnerische Fraktionen innerhalb von wenigen Minuten nach und nach eingeführt zweifelhaft , ohne wirklich Bezug zu dem bisherigen Verlauf zu finden. Die ganze aufgebaute Mystik wird innerhalb weniger Minuten immer wieder zertreten, so dass der weitere Verlauf einfach keinen Spaß mehr macht.
Während in den ersten vielleicht 7 Stunden , das nicht vorhanden sein von Rätseln gekonnt von der Story und der Erzählweise kaschiert wird, so wird dies alles in den restlichen 3 bis 4 Stunden zerstört, was übrig bleibt ist ein weinendes Auge auf ein bis dato liebgewonnenes Spiel.
Stärken:
- Atmosphäre
- gelungene Darstellung der Charaktere und deren Leben
- Innovatives Gamplay, welches erfrischend anders ist
- sehr kurzweilige Unterhaltung
- starke und spannende Darstellung der Handlung
- Soundkulisse
- Glaubwüdige Story
Schwächen
- ..die in den letzen 3 Stunden einfach niedergetrampelt wird
- auf die dauer nerviges Tastengehämmere ohne Anspruch
- keine Rätsel
Daher meine Wertung
72%
da das Spiel eben nur von der Glaubwürdigkeit der Story und Atmosphäre lebt, diese aber gegen Ende des Spiels so dermaßen durch Kitsch, weit hergeholten Erklärungen und Wendungen zu nichte gemacht wird, bleibt nicht mehr so viel Übrig, denn was ist ein 90 minütiger Film mit 60 Minuten erster Klasse, gefolgt von Szenen und Ereignissen, die man nur mit einem Kopfschütteln quittieren kann.